Wenn der Ruf nicht nur voraus eilt, sondern auch nachhallt
Du hast es gesehen, das gestrige Spiel des FC Schalke 04 in der Champions League? Gut. Ja, ich weiß wer der Gegner war, die Überirdischen, die, dessen Vereinsname per se für Zauberfußball steht. Aber vergiss das mal kurz. Stelle Dir vor, der Gegner wäre nur ein als halb so überirdisch geltender Verein gewesen, am Besten nicht aus den großen Ligen, vielleicht sogar nur aus Deutschland – sagen wir Bayern München ...
Ich denke nicht, dass sich die Berichterstattung derart auf eine Halbzeit beschränkt hätte.
Man hätte von einem tollen Pass gelesen, der das frühe Tor der Gäste einleitete, dass das Tor aber erst durch den Fehler Neuers möglich wurde. Man hätte von technisch deutlich überlegenen Gästen gelesen, und davon, dass Schalke nicht ins Spiel kam, es wäre aber sicher zumindest erwähnt worden, dass sich die Gäste in ihrem Ballbesitz genügten, dass sie sich kaum weitere Chancen erspielen konnten oder wollten.
Vielleicht hätte man sogar lesen können, dass Schalke zu ängstlich war. Dass Schalke es kaum mal schaffte im Mittelfeld in Überzahl zu gelangen, weil immer gerade der Schalker, der in der Mitte hätte nachrücken müssen, hinten blieb, um im Defensivverbund keine Räume zu eröffnen, obwohl Fußball in Unterzahl nicht funktioniert.
Aber selbst wenn in Bezug auf die erste Hälfte nur auf die Stärke der Gäste eingegangen worden wäre: Bei einem irdischen Bundesligaduell wäre wohl kein Journalist auf die Idee gekommen, derart über die Ballbehandlung einer Mannschaft in Verzückung zu geraten, dass er für die Mehrzahl an Chancen des Gastgebers in der zweiten Hälfte kein Platz mehr gehabt hätte. Es wäre von Schalker Pech oder Schalker Abschlussschwäche geschrieben worden, oder von Gästen, die sich über die Zeit gerettet hätten. Jedenfalls hätte kein renommierter Schreiber dem Gästetrainer ohne Süffisanz erlaubt, den Leistungsabfall seiner Mannschaft mit fehlender Kraft zu erklären.
Aber es war eben Barca.
Und bei solchen Gegnern will man das Schöne sehen, will man an die stete Überlegenheit glauben, daran, dass die Mannschaft immer noch zulegen könnte, wenn sie denn müsste. Selbst wenn es keine vernünftige Erklärung dafür gibt, weshalb eine Mannschaft Torchancen zulässt.
(Dieser Beitrag bezieht sich insbesondere auf die Texte von Stefan Osterhaus, siehe hier und hier. Das Phänomen tritt allerdings auch in anderen Artikeln zum gestrigen Spiel auf.)