Home, Castle usw.

Wer Samstag das Spiel des FC Schalke 04 in Hamburg am TV verfolgte, hörte hauptsächlich Fangesänge des Schalker Anhangs, obwohl das Stadion ausverkauft, genügend Hamburger zugegen waren. Gut, Schalke führte früh und Schalke-Fans sind natürlich toll, aber nein, auf so was will ich hier und jetzt nicht abheben. Vielmehr geschieht es immer öfter, dass sich Auswärtsfans mit ihrem Gesang durchsetzten, und zwar überall, auch auf Schalke boten beispielsweise die mitgereisten Fans des FC Hansa Rostock der Nordkurve über 90 Minuten beachtlich kontinuierlich die Stirn.

Unter Fans auf Schalke ist die Stimmung ständig ein Thema. Und wenn sie den einen oder anderen nicht zufrieden stellt, ist gerne von Modefans die Rede, die ins Stadion kämen weil es in sei, sie das Spiel und dessen Rahmenprogramm nur konsumieren wollten. Gerne wird dann von den alten Zeiten geschwärmt, als der Fußball noch echter, weniger kommerzialisiert war, und sehr häufig folgt spätestens an dieser Stelle eine Pro/Contra-Ultras-Diskussion.

Wenn nun aber der ‚Support’ fehlt, wenn die in einem Block konzentriert zusammenstehenden Auswärtsfans den Heimfans immer öfter Paroli bieten können, und wenn die Anfeuerung so wichtig ist, wenn die Mannschaft doch in den kritischen Phasen des Spiels die Unterstützung so sehr braucht: Dann müsste doch mit der schwindenden akustischen Überlegenheit des Heimpublikums auch der Heimvorteil schwinden!?

Oder was ist der Heimvorteil sonst? Jeder Platz ist üblicherweise 105 Meter lang und zwischen 68 und 70 Meter breit. Laufbahnen gibt’s kaum noch, überhaupt sind die Arenen untereinander mehr und mehr austauschbar geworden. Woran liegt es also, dass Heimmannschaften im Schnitt 0,64 Punkte mehr erzielen als Auswärtsmannschaften?

Seit Einführung der 3-Punkte-Zählweise in der Saison 1995/1996 hat sich am Vorteil für die Heimmannschaften nichts wesentliches verändert. In den seit dem 3940 gespielten Begegnungen entführten die Auswärtsmannschaften 4133 Punkte, die Heimteams gewannen aber 6653 Punkte. Auch ist keine Veränderung im Trend festzustellen. Zwar wurde der Unterschied über die letzten 3 Jahre stetig geringer, das ganze bleibt aber in dem Rahmen, den schon die erste betrachtete Saison 95/96 vorgegeben hat.

Meckern also alle zuviel, machen die Heimfans ihren Job so gut wie eh und je? Oder – pessimistischer – war es schon immer so scheiße? Oder ist die Stimmung im Stadion gar völlig unerheblich, würden die Heimmannschaften auch bei Totenstille noch mehr Punkte holen als ihre Gegner? Liegt es tatsächlich am durch Revierverhalten vermehrt ausgestoßenem Testosteron?

Ich weiß es nicht.

Warum zuhause mehr Spiele gewonnen werden,

daß weiß ich auch nicht.
Als jemand, der seit Jahren auch zu Auswärtsspielen fährt, muss ich aber sagen, daß schon immer der Support in Form von Gesang bei Ausswärtsspielen besser war als bei Heimspielen. Ob Arena oder früher Parkstadion. Woran das letztlich liegt? Keinen blassen Dunst.

Na da hat die Zeit aber mal eine olle Kamelle...

Upps, hat sie gar nicht. Stammt ja tatsächlich aus 2002 dieser Artikel. Und er hat Recht.

Auswärtsgesänge

Dass der Gesang und das Ge-Unterstütze auswärts intensiver erscheint, liegt doch sicher an der Zusammenstellung jener, die auch zu Auswärtsspielen fahren, und ihrer größeren Verbundenheit mit dem Gesangestum als solchem als jener des durchschnittlichen Heimzuschauers. Ich dachte, das liegt auf der Hand.

Zumal das dasein als Minderheit in der Fremde noch besondere Verbundenheitsgefühle hervorlockt. Ähnlich den irischstämmigen Amerikanern, die in New York am St. Patricks-Day die irischen Lieder lauter als die Iren in Dublin gröhlen.

Da fällt mir ein: Nächste Woche bin ich in Bochum. Ob ich mir da wieder was Weißes anziehen muss? Hat ja schonmal nicht funktioniert ...

Um den Fan-Vorteil beurteilen zu können, müsste man wohl die Statistiekn aus der Kreisliga heranziehen, wo gar kein Support stattfindet. Mit Sicherheit wird dort auch eine Heimvorteil feststellbar sein. Aus meinem Gefühl raus würde ich sagen: Er ist nicht erheblich kleiner als in der Bundesliga.

Testosteron ist auf jeden Fall ein Faktor - aber das ist wahrscheinlich vielmehr ein Symptom der Psychologie. Vor dem Spiel scheucht man bereits in den untersten Ligen den Gegner aus der Hälfte, in der man sich traditionell aufwärmt. Der Gegner bekommt nur drei Bälle zum warm machen, während man selbst ein ganzes Netz voll hat etc. Dazu kommen noch die kleinen Platzunterschiede: Bei dem einen Verein ist die Außenlinie einen Meter näher am 16er als beim anderen. Da Fußball viel mit Intuition zu tun hat, kann das entscheidend sein, ob eine Flanke präzise ist oder nicht.

Viele unbewusste Faktoren also, die in der Summe den Unterschied machen.

Naja, aber gerade diese Faktoren fallen in der BL ja weg. Hier ist nun wirklich alles einheitlich, selbst die Stadien lassen sich kaum noch unterscheiden.

Die Stadien mögen gleich aussehen, aber die Ausmaße des Platzes können durchaus unterschiedlich sein. Nicht viel, aber vier Meter in der Breite machen schon einen Unterschied. Wenn du einen Flankenlauf machst und einen Meter von der Außenlinie stehst, schlägst du den Ball auf Gefühl rein. Ist der Elferpunkt ein, zwei Meter weiter entfernt als gewohnt, kann das einen Unterschied machen. Spielst du einen Steilpass von der Mittellinie, und der 16er ist zwei Meter weiter hinten, als im Unterbewusstsein gespeichert, ist das Timing nicht mehr optimal.

Die von mir angesprochenen Punkte waren nur Beispiele für 100 Faktoren, die zusammenkommen. Und die 100 Faktoren sind in Kreis- und Bundesliga zwar anders gewichtet, aber in der Summe macht es einen Unterschied.

Sportartenwechsel

Ich bin selbst kein Fußballer, spiele aber Handball in der Kreisliga. Dort haben wir vor zwei Wochen den ersten Auswärtssieg im 11.Anlauf eingefahren, zuhause dagegen schon sechsmal gewonnen. Also selbst in anderen Sportarten, in anderen Sportstätten, wo die Zuschauerzahl gegen Null tendiert, gibt es den Heimvorteil.
Ich selbst fühle mich in den "heimischen" vier Wänden einfach viel wohler, obwohl wir nichtmal in derselben Halle trainieren. Der Geruch ist bekannt, der Boden, das Licht, die Kabine, die Bank ... alles.

Deine Statistiken sind immer wieder interessant und eben nicht an den Haaren herbeigezogen. Merke langsam schon, dass ich mich davon anstecken lasse, aber immerhin kommen wir noch nicht auf die selben Ideen;)

mberghoefer (Gast) schrieb am 2. Mai 2008, 11:23 :

Ich glaub je immer, dass das Gesinge auf den Rängen weniger Einfluss hat als beispielsweise die Produktmarke des verwendeten Spielballes und andere lokale Gegebenheiten, die dem Heimverein einfach vertrauter sind (wie zB Diego und die Balljungen in Bremen. Ecke gegen Schalke, und es steht noch 0:0? Da lass ich mir doch mal ne Pille mit weniger Luft drin geben, mal sehen ob das einer von denen merkt).
Andere sehen´s noch pragmatischer. Arsene Wenger zB. Neulich in London (bei unserem Beinahe-Sieg gegen den kommenden Vize-CL-Sieger) bin ich mal durch´s "Emirates" gelaufen, und hab dort von einem sehr freundlichen "Steve" erklärt bekommen, dass Wenger die Kabinen beider Mannschaften strikt basierend auf Feng-Shui designt und eingerichtet hat. Das Resultat: zwei völlig unterschiedliche Kabinentrakte. Eine perfekte für Arsenal, und eine dämonische für den Gast, und alles Glück fliesst zu den Gunners.
Eigentlich ganz einfach, oder?
(Notfalls kann man natürlich auch zahme Löwen an der Seitenlinie patroullieren lassen. Soll ja auch schonmal gewirkt haben)

Passt ins Bild von Herrn Wenger, finde ich. Der trinkt sicher auch Mate-Tee.
Und das mit den Löwen half ja auch nur bedingt, das Spiel ging auch nur 1:1 aus ...

Aber tatsächlich muss ich zugeben, dass ich mir über die möglichen Auswirkungen des einen Meters mehr oder weniger bislang (vielleicht zu-) wenig Gedanken gemacht habe. Gut, der Einheitsball ist nur eine Frage der Zeit. Aber einheitliche Maße kann man an keinen Sponsor verhökern, deshalb wird das die nächsten acht Jahrhunderte so bleiben. Wenn es danach dieses Blog noch gibt, werde ich die Kurven noch mal aktualisieren ...

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Kommentare & Antworten

Lucio
da Lucio findet imma den richtigen Zeitpunkt zum abspiela
ch (Gast) - 10. August, 21:47
Na also: noch ein...
...alter Bekannter ;)
berka - 1. August, 13:04
Alte Bekannte
Schön erklärt, danke. Noch ein paar bekannte Namen...
berka - 1. August, 09:12
Notlagen?
fällt mir jetzt erst auf: habt Ihr die im Stadion etwa...
berka - 30. Juli, 14:00
Ich weiss schon warum...
Ich weiss schon warum ich im Stadion keine Getränke...
Jan! (Gast) - 30. Juli, 13:01
siehste
deswegen wird's wahrscheinlich exportiert
berka - 30. Juli, 08:50
Wir warten gespannt
...auf den ersten, der Veltin's schreibt.
Trainer Baade (Gast) - 29. Juli, 23:27
@ Stefan: Ja, bei Miller’s...
@ Stefan: Ja, bei Miller’s würde ich auch nichts dazu...
Herr Wieland - 29. Juli, 17:12

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Der Spielmacher

Stets ein wunderbarer Quell der Wirrnis ist der Begriff des Spielmachers oder gar der Spielmacher-Position. Der Mann mit der legendären Nummer 10 war einst Halbstürmer und wurde später ins Mittelfeld zurückgezogen, wo er aber mehr wurde als ein zentraler Mittelfeldspieler. Dieser Spieler in der Mitte des Feldes, ob vorgeschoben oder zurückgezogen, sollte von seinen Mitspielern häufiger angespielt werden und dann genialisch das Angriffsspiel bedienen. Das wurde noch mit der Phantasie kurzgeschlossen, ein solchermaßen kreativer Mensch könne nicht auch noch schwer arbeiten, weshalb man ihm einen Helfer, den sogenannten Wasserträger, beistellen müsse. Einen solche Spielmacherposition gibt es heute nicht mehr, trotzdem ist die Suche nach dem Spielmacher nicht beendet. Im Zweifelsfall wird der Kopf einer Mannschaft, wie Zinedine Zidane beim französischen Weltmeister 1998, einfach zum Spielmacher erklärt.
Biermann/Fuchs

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