Suggestivfragenalarm: Magath ein Taktik-Tor?
Wenn es bei einem Club nicht läuft wird gemeckert. Und dass, wer erfolglos ist, nicht genug mit den Spielern spricht, gehört mittlerweile zu den Allgemeinplätzen. Sowas ist normal. Umgekehrt ist beim Erfolgreichen auch immer alles gut. Fußballdeutschland ist da plump.
Im Falle Magaths konnte einem allerdings auffallen, dass die Kritik nach seiner Entlassung eher schärfer wurde. Plötzlich war er nicht mehr nur der Quälix, auf einmal soll er auch ein Tor in Sachen Taktik sein, diese nicht trainiert haben.
Wer gerne Meinungen bildet, ist ausreichend bekannt. Raimund Hinko, der von der Sportbild bezahlte Bayernschreiber, eröffnete uns in der Ligashow-Folge Spieltag 23 die Erste, dass München seiner Meinung nach zweieinhalb Jahre "nur auf Kraft hat spielen müssen", da eben "nur auf Kraft trainiert wurde", dass "Taktik völlig vernachlässigt" worden sei.
Er schloss mit der an Zynismus nicht zu überbietender Aussage, dass Magath am Besten nach dem zweiten Doublegewinn entlassen worden wäre!
Seine Kollegen von Bild und Bild-Online tuteten schon zuvor und in der Folge ins gleiche Horn. Vor allem der von Magath so arg unverstandene Podolski diente als Aufhänger für viele bunte Seiten.
Gab es von seriösen Journalisten ähnliche Kritik an Magaths angeblich nicht vorhandener Taktik? Ich weiss es nicht. Jedenfalls wurde die Vorstellung des völlig verfehlten Trainings scheinbar dankend aufgenommen. Nur zwei Beispiele:
Bei Bundesliga-Blog.de kommentierte Herr Busch den Artikel zu Magaths Wechsel zu Wolfsburg mit den Worten:
"Erschreckend finde ich daran allerdings, dass veraltete Spiel- und Trainingssysteme (für beides ist Magath der absolute Inbegriff) in der Bundesliga überhaupt noch gefragt sind. Ekelhaft!!!"Unter Stefans (Die Welt aus Sicht der Südtribüne) Beitrag zum gleichen Thema verewigte Arno seine Meinung:
"Kein Topclub ist an seinen antiquierten Vorstellungen interessiert und wieviele Spieler er rausekeln kann, sieht man ja bei uns."
Mit der Ressource "gute Jugendarbeit" führte Magath den VfB Stuttgart von Platz 17 erst auf Rang 8, wurde dann Vizemeister und verpasste in seiner letzten Saison bei den Schwaben die Qualifikation zur Champions League erst am letzten Spieltag.
Die jungen Wilden waren das, sie spielten eine schnellen und offensiven Fußball. Keine Taktik, nur Hauruck?
Vier Titel in zwei Jahren, zuletzt in der Champions League Inter Mailand hinter sich gelassen, und Magath ist so'ne Eierfeile, dass Ottmar Hitzfeld "mühsam mit dem Fußball-ABC" beginnen musste?
Erst freuten sich die Bayern nach einem angeblich zu laschem Hitzfeld auf die angeblich so harte Hand Magaths, und nun hat Magath ebenso angeblich ehrenwerte Spieler vergrault?
Irgendwann kurz vor dem zweiten Double wollte Rummenigge Magath noch mit einem Rentenvertrag auszeichnen. Zum Glück konnte Raimund Hinko, der alte Seher, das noch gerade verhindern. Auf seine sicherlich vorgetragene Entlassungsempfehlung ist der sture Westfale Rummenigge dann aber doch nicht eingegangen ...
In Wolfsburg hat Magath nun an allen Stellschrauben die Finger dran. Er wird sich nicht selbst den wichtigsten Spieler wegkaufen lassen, ohne für Ersatz zu sorgen. Sein Budget kann ich nicht einschätzen, aber Wolfsburg war noch nie wegen Finanzproblemen in den Schlagzeilen.
Mit Dejagah, Munteanu und Radu hat Wolfsburg schon ohne Magath drei, wie ich finde, ordentliche Verpflichtungen getätigt. Durch Magath, bzw. durch die Installation einer so starken Position, wird in der nächsten Saison sogar Wolfsburg zu den interessanten Vereinen gehören!
Achse Bayern - Bild
Objektiv betrachtet hat der 4. Platz der Bayern wohl eher mit der Einkaufspolitik von Uli Hoeneß als mit der Unfähigkeit von Felix Magath zu tun. Der auf wundersame Weise vom ausgebrannten und antiquierten Trainer zum Retter mutierte Ottmar Hitzfeld jedenfalls hat den Abstand auf Platz drei trotz Fußball-ABC nicht verkleinert, sondern vergrößert. Naja, schwamm drüber, die Bild berichtet jetzt lieber über all die tollen Transfer-Kracher der Bayern.
Ich jedenfalls halte die Verpflichtung von Magath für das Beste, was man in Wolfsburg seit langem zustande gebracht hat. Auch in Stuttgart war Magath schließlich Trainer und sportlicher Leiter in Personalunion, und das Ergebnis, die jungen Wilden, ist nicht zu verachten.
Ob er Wolfsburg jetzt wirklich unter die Großen des deutschen Fußballs führen wird, wage ich noch etwas zu bezweifeln, aber für diesen Verein ist er sicherlich eine gute Lösung.