Der FC Bayern hat sich vor bzw. in dieser Saison mit Podolski, van Buyten und van Bommel verstärkt und dafür 26,5 Millionen Euro an Ablösesumme gezahlt. Die DPA nennt das "Zurückhaltung" und
veröffentlichte heute einen Artikel, in dem Franz Beckenbauer - wie schon so oft - eine offensivere Transferpolitik der Bayern fordert.
Nun entscheidet die Lichtgestalt in München nicht mehr allzu viel. Aber auch Rummenigge, der
etwas mehr zu sagen hat, faselte unlängst ja von einem 30 Millionen Einkauf, bevor der Hoeneß Uli, im Prinzip der alleinige Bestimmer beim Rekordmeister, auch diesen Fantasien Einhalt gebot und erklärte, dass die 30 Millionen durchaus für mehrere Spieler ausgegeben werden könnten; was der FC Bayern ja bereits tat, siehe oben.
Da sich die Suche nach dem überragenden Heilsbringer, wen wunderts, schwierig gestaltet, wird immer öfter auch das Gegenteil des großen Geldausgebens propagiert. Es solle mal ein Neuanfang gestartet, mit jungen Spielern eine - oder besser
die - große Mannschaft aufgebaut werden.
Beispielsweise Christian Spiller, vom
Blog des Magazins RUND: Er spricht sich in seinem
aktuellen Beitrag gegen eine Weiterverpflichtung Hitzfelds aus, weil er das Ergebnis dessen Arbeit für ein "Altherren-System" hält und stellt die Frage: "Wagt man den Umbruch, riskiert ein paar dünne Jahre, aber lässt von einem Trainer mit Zukunft eines der besten Teams Europas bauen?".
Sogar Hoeneß hatte vor Saisonbeginn solche Anwandlungen, sprach davon, mal auf die Jugend zu setzten, selbst wenn man dann "eben mal nicht Deutscher Meister" werden würde. Gefühlte Minuten später haute er die zehneinehalb Millionen für van Buyten raus ...
Natürlich sind solche Gedankengänge sympathisch. "Junge Mannschaft" klingt immer nach schönem Fußball. "Preiswert" steckt da auch mit drin, keine "Abzocker", keine "Millionarios". Und wenn das ganze dann zum großen Ziel, eines der besten Teams Europas zu werden führt, dann kann doch eigentlich nichts dagegnen sprechen!
Ausser das reale Leben vielleicht.
Manchester United hat mal eine junge Mannschaft aufgebaut.
11 Freunde berichtet gerade in der aktuellen Printausgabe über die "Klasse von 1992", die das Grundgerüst für die spätere CL-Sieger-Mannschaft stellte. Der PSV Eindhoven fängt auch alle paar Jahre wieder damit an, eine Mannschaft aufzubauen; keinesfalls freiwillig, der Kopf der letzten guten Mannschaft spielt aktuell in München.
Aber erstens sind wir nicht mehr in den 90ern und zweitens wird sich der FC Bayern nicht Eindhoven als Vorbild nehmen wollen. In der aktuellen Dekade ergeht es dem FC Bayern auf dem europäischen Markt gegenüber den durch Superreiche geführten englischen Clubs und den im rechtsfreien Raum agierenden spanischen Vereinen so, wie es in der Bundesliga der Mehrheit der Vereine gegenüber dem FC Bayern ergeht. Wenn einer wie Hargreaves eine solch gute WM spielt, wird an ihm gezerrt, und es wird nur noch bis zum Sommer dauern, bis die Bayern nachgeben werden. Ein Wunder und ein Glücksfall für München, dass die Großen bei Phillip Lahm während der WM nicht so genau hingesehen haben.
Weiter stellt sich die Frage, was die Bayern durch einen solchen Neuaufbau erreichen wollten. München wird im Schnitt öfter als in jedem zweiten Jahr Deutscher Meister. Seit 1997 nicht mehr nur der Meister an der Champions League teilnehmen darf, waren die Bayern immer dabei. In der Regel erreichen sie auch die nächste Runde.
Dies ist eine Basis, die ganz wenige Mannschaften in Europa haben. Und nun soll München einige Jahre auf diese Basis verzichten, um dann eventuell mal den großen Coup zu landen? Mir erschliesst sich diese Logik nicht.
München erarbeitet sich fast jedes Jahr die Chance. Am Ende entscheiden in der KO Runde recht kleine Unterschiede, die es zu beeinflussen gilt, für die es aber nie Garantien geben wird; egal wie lange man zuvor Dürre erdulden würde. Hoeneß macht sicher auch Fehler, und einen solch starken Spieler wie Ballack nicht zu ersetzten war einer (jenseits aller "Spielmacher- oder Chefrollen-Geschichten"). Aber was die Transferpolitik generell angeht, macht er verdammt viel richtig.